Quiet Quitting ist ein Rückschritt. Nämlich genau dorthin, wofür wir bereits für gekämpft haben. Aus dem Job, den wir einfach nur machen, ohne dass er uns mit Sinn erfüllt. Indem wir nicken und dabei an andere Dinge denken, können wir vielleicht Abstand von der Arbeit gewinnen. Aber wir ändern nichts. Wir stimmen dem System zu, auch wenn wir es nicht gut finden. Natürlich muss nicht jede:r ein System verändern, aber ich sehe eine große Gefahr darin, zu resignieren.
Der Begriff erinnert mich stark an eine Form der Arbeitszufriedenheit, die in den 70ern durch Bruggemann und Kolleg:innen geprägt worden ist.
Bereits vor 50 Jahren ging es darum, dass hohe Zufriedenheitswerte in einem Unternehmen nicht bedeuten, dass alle auch wirklich zufrieden sind.
Stattdessen wurde herausgefunden, dass Arbeitszufriedenheit auf verschiedenen Wegen entstehen kann. Beispielsweise indem wir unsere Ansprüche senken und dadurch der Job besser erscheint als er ist. Oder auch, dass wir unsere Wahrnehmung verändern und das, was uns stört, ausblenden. Und tadaaa – plötzlich sind wir alle zufrieden.
Und ist das nicht genau das, wozu Quiet Quitting uns einlädt? Nichts sagen und aushalten. Das Anspruchniveau senken und uns sagen: So wichtig ist der Job ja auch nicht. Wir haben ja noch so vieles mehr.
Aber was wäre, wenn wir stattdessen sagen würden: Doch, der Job ist mir wichtig. Nur warum spüre ich diese Unzufriedenheit?
Und dann nicht im Leisen kündigen, sondern dies laut machen. Laut sagen, was uns stört. Entsprechend bin ich für Loud Working als Gegentrend zum Quiet Quitting.
Laut aufzeigen, was besser sein könnte. Und so für uns und für diejenigen herum, eine Arbeitsumgebung schaffen, die förderlich ist.
Denn das ist es doch, was uns und unsere Arbeitswelt weiterbringt: Mitarbeitende, die mitgestalten und sich zeigen. Mit Führungskräften, die nicht alles vorgeben, sondern fördern und unterstützen. Eine Arbeit schaffen, die eben nicht zum reinen Geld verdienen da ist.
Wir haben mit New Work-Ansätzen doch bereits so viel geschaffen. Mit dem Gedanken, dass es möglich ist, die Arbeitswelt humaner zu gestalten. Mitarbeitende in ihren Stärken abzuholen und einzubeziehen, was sie wirklich wollen.
Doch das klappt nur, wenn wir miteinander kommunizieren und Ansichten austauschen, nicht indem wir uns resignativ zurückziehen und unser Anspruchsniveau senken.
Dabei möchte ich definitiv nicht propagieren, dass Arbeit alles ist und wir uns darüber definieren sollten. Auch nicht, dass alle mehr arbeiten sollten als vertraglich geregelt ist. Sondern genau das Gegenteil. Dass wir uns fragen sollten, in was für einer Arbeitswelt leben wir eigentlich und was wollen wir stattdessen.
Dabei finde den Ansatz von Zaid Leppelin, sich nicht endlos aufzuopfern für die Arbeit, super. Und dass Arbeit nicht über allem steht. Jedoch wird es bei der Aussage „Work is NOT your life“ schwierig. Denn doch, Arbeit ist Leben – genauso wie auch unser Privatleben Leben ist. Dass vieles bei der Arbeit falsch läuft, ist ja kein Geheimnis mehr. Die Frage ist nur, wie wir damit umgehen wollen. Und hier bin ich definitiv dafür, nicht Ansprüche zu senken, sondern proaktiv mitzugestalten!
Deswegen bin ich gegen Quiet Quitting als Lösung. Und für Loud Working: Nicht im Stillen bleiben, sondern Grenzen laut setzen und aufzuzeigen, was falsch läuft.
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